Vierte Ringvorlesung des ZZHH gestartet

Die Ringvorlesung „gestalten-verändern“ des Zukunftszentrums Holzminden-Höxter (ZZHH), startete mit dem Oberthema „Baukultur im ländlichen Raum“ am vergangenen Dienstag mit einem gut besetzten Audimax des Hochschulcampus Höxter erfolgreich in die 4. Runde.

 

Mit dem Themenschwerpunkt Baukultur knüpft das ZZHH an eine mittlerweile gut 150 Jahre währende gemeinsame Geschichte der beiden Hochschulstandorte Holzminden und Höxter an. Bereits 1831 wurde in Holzminden die erste Herzogliche Baugewerkschule durch Friedrich Ludwig Haarmann, als erste im norddeutschen Raum, gegründet. 1864 ging dann Karl Möllinger (damals Lehrer an der Schule in Holzminden) nach Höxter, um dort die erste preußische Baugewerkschule nach Holzmindener Vorbild zu gründen. Besonders spannend für die Mitarbeiter des ZZHH ist, dass auch damals die Kooperation bereits grenzübergreifend war (damals Herzogtum Braunschweig und Königreich Preußen). Auch heute stehen die beiden Kreisstädte wieder in engem Kontakt und unterhalten sich über Möglichkeiten der gemeinsamen Zusammenarbeit und auch das ZZHH als gemeinsame Einrichtung beider Hochschulen steht für die enge Verbundenheit.

Mit dem Vortrag „Internationale Einflüsse und regionale Rezeption – Die Weserrenaissance“ begeisterte am Dienstag der erste Referent Dr. Holger Rabe, Historiker und Kenner der Region, ein bunt gemischtes Publikum von 50 Personen, zusammengesetzt aus Mitgliedern der Heimatvereine Holzminden und Höxter, Vertreter/nne/n beider (Land-)Kreise, Professor/innen, Mitarbeiter/innen und Studierenden der Hochschule Ostwestfalen-Lippe und der HAWK in Holzminden.

Was hat Baukultur mit regionaler Identität zu tun? Um dieser Frage nachzugehen, entführte Dr. Rabe sein Publikum in die Vergangenheit der Region (1500 bis heute), mit geschärftem Blick auf die Entwicklung und Wandlung des Baustils der Weserrenaissance.

Zunächst zeigte Dr. Rabe bildreich verschiedene Bauepochen und -stile anhand regionaler Beispiele auf. Die Faktoren für die Bautypen variierten dabei von reiner Zweckbestimmung, beeinflusst von damals vorhandenen Baumaterialien (wie z.B. dem Sollingsandstein), bis hin zu der sozial-ökonomischen Situation der Bewohner und von geografisch-klimatischen Begebenheiten. Typische Hausformen wie das norddeutsche Hallenhaus, das Mitteldeutsche Querdielenhaus oder das Ackerbürgerhaus spiegeln verschiedene Formen der ökonomischen Betätigung der Hausbesitzer wieder (Landwirtschaft, Handel).

Vom Wesen des Baus spannte Rabe den Bogen zur Baukunst/Architektur. Der ästhetische Anspruch der Bewohner machte das Haus später zum Träger von Botschaften, bestimmten Weltbildern oder der persönlichen Gesinnung einzelner Baumeister. Das Einwirken ausländischer Einflüsse spiegelt sich heute in der Architektur der Herrschafts- und Fürstenbauten wieder. An Beispielen wie dem Schlossbau in Uslar zeigte Rabe, wie neue Bauelemente Einzug in die Region hielten und wie sich Innovation in den unterschiedlichen Epochen vollzogen hat, nämlich „sozial von oben nach unten“.

Im letzten Teil des Vortrags stellte Rabe den Beweis dafür auf, dass die Weserrenaissance kein Kind des damaligen „Wirtschaftswunders“ dieser Region war, wie häufig angenommen, sondern dass es sich um einen konstruierten Forschungsbegriff des 20. Jahrhunderts handelt. Allerdings wird der Begriff Weserrenaissance mit dem stärker werdenden Aufkommen des Tourismus immer wichtiger für diese Region und stellt heute einen zentralen Imagefaktor dar.