Der politisch initiierte Diskurs der (zivil-)gesellschaftlichen Aktivierung und Steigerung bürgerschaftlichen Engagements verknüpft sich in ländlichen Regionen mit der Debatte um die Gleichwertigkeit von Lebensbedingungen und der Aufrechterhalten der Daseinsvorsorgestrukturen. Das eröffnet ein Spannungsfeld zwischen zivilgesellschaftlichen Engagements und einer möglichen Funktionalisierung engagierter Menschen im Kontext des Abbaus von Daseinsvorsorgestrukturen.
Ziele der Forschungsgruppe
Ziel der Forschungsgruppe am Standort Holzminden ist, die tatsächlichen (Konflikt-)Potenziale freiwilligen Engagements mythenfrei zu definieren und methodisch zu unterstützen. Die in der Forschungsgruppe entstehenden Handlungsempfehlungen und Beratungskonzepte sollen insbesondere Kommunen und Vereinen helfen, ihre Engagementförderung und -strategien zu verbessern.
Forschungsleitend ist die Perspektive Sozialer Arbeit: Angesichts ihrer Teilhabeorientierung ist sie zur Analyse der Lebenslagen in ländlichen Räumen, der Entwicklung sozialpolitischer Interventionen sowie der konzeptionellen und methodengeleiteten Ausgestaltung eines Angebotes vor Ort aus Sicht der Forschungsgruppe elementar. Der Forschungsschwerpunkt leistet dabei auch eine methodische Weiterentwicklung in der qualitativen Sozialforschung, vor allem im Bereich der qualitativen Netzwerkanalyse mit räumlichen Bezügen.
Expertinnenvideo
In einem Expertinnenvideo der HAWK Hochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen kommt Prof. Dr. Alexandra Engel zu Wort. In der Kurzvorstellung zu ihren Forschungsschwerpunkten erklärt sie unter anderem, was Jugendliche in ländlichen Regionen hält.
Projekte der Forschungsgruppe
Auszubildende der BBS Holzminden und an weiteren beruflichen Schulen werden über Augmented Reality Brillen Grundkompetenzen im Bereich der Wartung und Reparatur von LKW Achsen erwerben. Dieser digitalisierte Prozess ist vor allem für die Qualifizierungssituation in ländlichen Räumen von Bedeutung. Das ZZHH übernimmt die Begleitforschung zum Projekt.
Als Teil eines Verbundprojekts werden im Landkreis Holzminden eine Weiterbildungsmaßnahme in der Pflege konzipiert und eine regionale Plattform für Kurzzeitweiterbildungen erarbeitet, die über einen Businessplan verstetigt werden wird.
„Engagiert, informiert, inspiriert“ – der Podcast zu nachhaltigen Ideen.
Nachhaltig leben: spätestens die Starkregenereignisse im Sommer 2021 haben uns allen deutlich gemacht, dass wir alle unser Handeln überdenken und verändern müssen.
Das tun viele engagierte Menschen schon länger und erfolgreich. Die Podcastreihe „Engagiert, informiert, inspiriert“ portraitiert diese engagierten Menschen und inspiriert mit deren Ideen. Und sie gibt praktische Tipps für die Umsetzung in der Familie, in der Nachbarschaft, im Verein oder Initiativen jeder Art.
Die Podcastreihe von Saskia Küchler und Katharina Dohmann sind im Rahmen des HAWK Praxisprojekts „Engagementförderung“ im BA Studiengang Soziale Arbeit in Holzminden gemeinsam mit dem Modellprojekt „GIVE – gut informiert, vernetzt engagiert“ des Landkreises Göttingen entstanden.
Eine regionalvergleichende Studie über Arrangements, Praxis und Praktiken kultureller Bildung in Einrichtungen, Projekten, Vereinen und Initiativen im Verbundvorhaben.
Der Landkreis Göttingen hat verschiedene Instrumente zur Förderung des bürgerschafltichen Engagements entwickelt. Das ZZHH begleitet diesen Prozess.
Was hält junge Menschen in ländlichen Räumen? Mit dieser Fragestellung hat sich das angewandte Forschungsprojekt von 2015 bis 2018 beschäftigt. Über eine standardisierte Befragung bewerteten Schüler*innen in den Kreisen Holzminden und Höxter ihre Region und stellten ihre Überlegungen zur Berufsorientierung dar. Im Anschluss wurde eine Kampagne mit Großflächenplakaten sowie Botschafterinnen und Botschaftern durchgeführt, die in den Schulen Diskussionen über Zukunftsperspektiven in der Region anregten.
Das Projekt H!ER gestalten ging im Zeitraum Februar 2018 bis Dezember 2019 der Frage nach, warum Jugendpartizipation in der Region trotz politischer Absichtserklärungen nicht in nennenswertem Umfang stattfindet.
Ziel des Vorhabens ist, Landjugendliche im Übergang Schule-Beruf stärker zu unterstützen. Das Projekt setzt zeitlich bereits vor dem Prozess der Berufsorientierung an und wird eine regional anpassbare, digitale Applikation entwickeln, die mit verschiedenen mobilen Endgeräten genutzt werden kann. Die Anwendung wird Unterstützung bei der Entscheidungsfindung ergänzend zur Frage nach beruflichen Präferenzen bieten. Sie soll im Gegensatz zu den zumeist institutionellen Angeboten der Berufsorientierung freiwillig, außerschulisch und vor allem spielerisch genutzt werden.
Das EU-Forschungsprojekt MIMY hat zum Ziel, die Situation junger Migrant*innen in Europa durch eine mehrstufige Analyse ihrer Integrationsprozesse zu verbessern. Das interdisziplinäre und internationale Konsortium sammelt qualitative und quantitative Daten und führt Fallstudien in verschiedenen Ländern durch, um die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen einer (erfolgreichen oder fehlgeschlagenen) Integration zu analysieren und evidenzbasierte politische Empfehlungen abzuleiten.
In einem Verbundvorhaben wurde ein Qualifizierungsangebot mit IHK-Zertifikat im Bereich des E-Commerce geschaffen, welches optional und ausbildungsgangübergreifend angeboten wird.
Auf Basis einer Bevölkerungsabfrage im Landkreis Holzminden wurden Kommunikationsstrategien zur Etablierung eines nachhaltig positiven Images entwickelt.
Das Projekt untersucht regionale Disparitäten unterschiedlicher Bildungslandschaften mit dem Ziel, lokale Bewältigungsstrategien für räumlich bedingte Bildungsbenachteiligung zu identifizieren und abzubauen.
Im SüdniedersachsenInnovationsCampus (SNIC) haben sich Akteurinnen und Akteure sowie Hochschulen der Region vernetzt, um ihr Wissen zu teilen und die Region gemeinsam zu fördern. Über das Projekt SNIC vor Ort sollen insbesondere kleine Ortschaften (Dörfer oder kleine Städte) hiervon profitieren. Die Koordinationsstelle SNIC vor Ort, die beim ZZHH angesiedelt ist, sieht sich hierbei in einer vermittelnden Funktion, um Kontakte zu knüpfen und für den Austausch von Hochschulen und Praxis zu sorgen.
Im Forschungs- und Entwicklungsprojekt VivAge (2016-2019) wurden die Chancen sozialer Dienstleistungen und von Wohnangeboten für alte Menschen auf landwirtschaftlichen Betrieben untersucht. Dafür wurden drei Perspektiven mit je eigener Fragestellung eingenommen:
- Perspektive der Landwirtinnen und Landwirte
- Perspektive der Seniorinnen und Senioren
- Perspektive der ländlichen Entwicklung und Daseinsvorsorge
Promotionen in der Forschungsgruppe
In der Studie werden anhand autobiografisch-narrativer Interviews eigensinnbezogene Konflikte zwischen bürgerschaftlich Engagierten rekonstruiert. Die Auswertung erfolgt mittels Kodierverfahren der Grounded Theory Methodologie. Theoretisch-konzeptionell knüpft die Studie an die biografieorientierte Engagementtheorie sowie die eigensinnorientierte Engagementförderung an. Das Ziel der Studie ist, vor dem Hintergrund gesicherten Wissens über die Verläufe der Konflikte Vorschläge zu ihrer Vorbeugung zu machen. Abgeschlossen und veröffentlicht wird sie im Jahr 2022.
Kontakt: David Rüger
Gegenstand des Promotionsvorhabens ist die Analyse sozialer Ungleichheit und die Herausarbeitung von Marginalisierungsrisiken für Bewohnerinnen und Bewohnern von Dörfern vor dem Hintergrund aktueller Transformationsprozesse ländlicher Räume und sozialpolitischen Regelung zur Sicherstellung von Teilhabechancen.
Erhoben werden soll auch, inwiefern Dörfer von Angeboten Sozialer Arbeit profitieren. Ziel des Promotionsvorhabens ist die Formulierung von Handlungsempfehlungen für Sozialpolitik auf örtlicher und überörtlicher Ebene sowie Handlungsfelder und sozialräumlicher Organisationsstrukturen Sozialer Arbeit.
Kontakt: Jessica Schneider
Das Promotionsvorhaben folgt der Fragestellung, wie Engagementabbrüche in ländlichen Räumen erklärt werden können. Dadurch, dass im Vorhaben mit qualitativem Datenmaterial aus Narrationen auf Engagementkontexte zugegriffen wird, kann im Gegensatz zu bisherigen Forschungsergebnissen ein anderer Blick auf die Engagementverläufe erlangt werden. Ziel ist das Gewinnen von Verständnis für den Ablauf dieser Prozesse und das Vorliegen individueller Prozessverläufe. Darüber hinaus soll untersucht werden, welche konkreten Folgen ein Engagementabbruch auf unterschiedlichen Ebenen mit sich bringt. Zur Datenerhebung wird das Erhebungsinstrument des narrativen Interviews nach Schütze herangezogen, weil dadurch die Wahrnehmung und Verarbeitung von teil- und gesamtbiografischen sowie allgemeinen sozialen Prozessen erhoben werden kann. Die Auswertung der narrativen Interviews erfolgt im Sinne der Grounded-Theory-Methodologie nach Strauss und Corbin, die einen rekonstruktiven Zugang zu Engagementabbrüchen ermöglicht und somit Informationen zur Beantwortung der Forschungsfrage liefert.
Kontakt: Malina Haßelbusch
In der Phase der Berufsorientierung sind besonders Jugendliche in peripheren Räumen von einer Doppelbelastung betroffen: Sie müssen sich nicht nur der alterstypischen Entwicklungsaufgabe der Berufswahl stellen, sondern gleichzeitig auch für sich prüfen, ob der Berufswunsch in ihrer Heimatregion realisierbar ist. Dies führt bei einem Teil der Zielgruppe zu Überforderungen, besonders dort wo es an sozialer Unterstützung fehlt. Im Rahmen des Promotionsvorhabens wird ein Strukturgleichungsmodell entwickelt, welches die Zusammenhänge der biographischen Entscheidungsprozesse erklärt und auf dessen Grundlage Unterstützungsbedarfe ermittelt werden können. Hierzu wird eine standardisierte Schulklassenbefragung in drei kontrastierenden ländlich-peripheren Regionen angestrebt. Die Erhebung wird Grundlage für eine im Projekt JoLanDA entwickelte digitale App sein.
Kontakt: Jan Schametat
Die forschungsleitende Frage lautet: „Mit welchen Strategien und Ressourcen setzen ältere Menschen in ländlichen Räumen digitale Optionen ein, um ihren Alltag zu bewältigen und zu strukturieren sowie Teilhabe zu gestalten?“. Dabei wird analysiert, mit welchen Bedarfen und Zielen ältere Menschen „Digitales“ in den verschiedenen Dimensionen nach dem Weisser’schen Lebenslagenansatz (1972) nutzen. Der Fokus liegt insbesondere auf der Organisation des Alltags, der Gestaltung von gesellschaftlicher Teilhabe und gelingendem Altern.
Daraus resultieren folgende Fragen:
- In welcher Lebenslage (wann/unter welchen Lebensumständen und mit welchen Ressourcen) wird Digitalisierung wie (Strategie) Teil der Lebensbewältigungsstrategie im Alltag von Menschen in der Nacherwerbsphase?
- Wie ändern sich dadurch – retrospektiv und prospektiv – Teilhabechancen?
Kontakt: Yasemin Erdoğan
Anliegen dieser Arbeit ist es, sich mit den Möglichkeiten in Empowermentsprozesse durch die Nutzung von digitalen Tools von migrantischen Müttern von behinderten Kindern zu befassen. Daraus ergeben sich (hier im Kurzen) folgende forschungsleitenden Fragen:
- Kann die Nutzung von digitalen Techniken eine Chance für Selbstermächtigung und Teilhabe von diesen Frauen sein?
- Gibt es Risiken und Nachteile bei der Internetnutzung als Ort und Mittel des Netzwerkens und Information generieren?
Diese Studie wird anhand partizipativen Forschungsmethoden und ergänzend mit Ansätzen der Autoethnographie durchgeführt.
Kontakt: Bárbara Zimmermann